DER GESCHICHTLICHE HINTERGRUND DER DEUTSCHEN KULTURSTIFTUNG
Seite 315
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PETER HÜBNER • PREIS DER FREIHEIT – DAS PROGRAMMIERTE VIERTE REICH
Die antidemokratische politische Praxis in Deutschland
Teil 3   •   VERTRETER DES VOLKES – Die Goldene Partei Deutschlands
R ü c k b l i c k


Wie schon an frü­he­rer Stel­le be­rich­tet, folg­te jetzt je­ne heuch­le­ri­sche Sturz­flut te­le­fo­ni­scher An­fra­gen von den er­lauch­ten Herr­schaf­ten, die „al­le un­se­re Brie­fe über­haupt nicht er­hal­ten“ hat­ten – so, als hät­te die Post plötz­lich zwei­mal hin­ter­ein­an­der je­weils an die zehn­tau­send Brie­fe ver­un­treut und sei die­ses Mal nur des­halb nicht mehr da­zu in der La­ge ge­we­sen, weil es sich um ein Fern­schrei­ben han­del­te und weil die Post es so­mit erst gar nicht in die Hand be­kam.

Wir merk­ten so­fort, daß un­ser Pro­jekt ei­nes all­ge­mei­nen staats­bür­ger­li­chen De­mo­kra­ti­sie­rungs­pro­zes­ses jetzt – da wir ei­nen fern­schrift­li­chen In­for­ma­ti­onsnach­weis er­brin­gen konn­ten – deut­lich mehr po­li­ti­sche Hit­ze aus­strahl­te und al­ler­or­ten ge­ra­de­zu freund­li­che Re­gun­gen her­vor­rief, wel­che vom Aus­druck tiefs­ten Be­dau­erns bis zur jo­vi­a­len Bit­te um Neuzu­sen­dung der bis­he­ri­gen Schriftdo­ku­men­te reich­ten.

Zu­min­dest wa­ren wir al­so schon ein­mal auf der obers­ten Ge­schäfts­ebe­ne des po­li­ti­schen Heu­chel­säu­sel ge­lan­det und er­freu­ten uns zum ers­ten Mal je­ner nichts­sa­gen­den Cok­tail­par­ty nach Art der so­ge­nann­ten Ba­na­nen­re­pu­bli­ken: die ho­hen Herr­schaf­ten, die füh­ren­den Per­sön­lich­kei­ten aus Po­li­tik, Wirt­schaft, Ju­stiz und Me­dien ga­ben sich die Eh­re bzw. lie­ßen sich her­ab, uns pe­ne­tran­te Ju­gend­or­ga­ni­sa­tion – na­tür­lich über ih­re Bü­ros: ver­steht sich von selbst –, um un­se­re de­mo­kra­ti­schen Weis­hei­ten zu bit­ten, um, wenn auch ver­spä­tet, noch ein­mal selbst ei­nen au­then­ti­schen Trunk aus die­sem ju­gend­li­chen Maß der Men­schen­wür­de zu trin­ken.

An un­se­re da­mit ver­bun­de­nen neu­en Kos­ten dach­te na­tür­lich nie­mand – viel­leicht er­hoff­te der ei­ne oder an­de­re da­durch so­gar das schnel­le­re Her­an­rü­cken un­se­rer Plei­te; denn im­mer­hin wa­ren bei prak­tisch al­len – an die zehn­tau­send Per­so­nen – in­ner­halb kür­zes­ter Zeit die bei­den Do­ku­men­te verschütt ge­gan­gen und nun plötz­lich wie­der höchst in­ter­es­sant.

Aber wir wa­ren ja da­mals noch nai­ve Ju­gend­li­che – und so über­sand­ten wir die Do­ku­men­te er­neut und rech­ne­ten erst ein­mal da­mit, daß nun das In­te­res­se er­wacht war.

Je­doch muß­ten wir schnell ein­se­hen, daß gar nie­mand er­wacht war und daß der po­li­ti­sche Dorn­rös­chen­schlaf – was zu­min­dest den de­mo­kra­ti­schen Fort­schritt, die prak­ti­sche Ver­wirk­li­chung der Grund­rech­te des Men­schen und die da­mit ver­bun­de­ne Fe­sti­gung der Men­schen­wür­de anbe­traf – bei den füh­ren­den Per­sön­lich­kei­ten aus Po­li­tik, Wirt­schaft, Ju­stiz und Me­dien un­ver­än­dert fort­dau­er­te, ganz wie man das auch von der Zeit des Drit­ten Rei­ches be­rich­te­te.

Als dann aber auch noch ober­fläch­li­che un­ver­bind­li­che Dank­sa­gun­gen al­ler Art ein­tra­fen oder gar Ab­wim­melan­ru­fe ein­gin­gen, da hat­ten wir für der­ar­ti­ges di­plo­ma­ti­sches Heu­chel­säu­sel noch gar kei­nen Sinn ent­wi­ckelt und über­sand­ten den füh­ren­den Per­sön­lich­kei­ten un­se­rer jun­gen Bun­des­re­pu­blik wie­der in un­se­rer un­ge­ho­bel­ten, noch so gänz­lich po­li­tisch un­ge­bil­de­ten Art ein Fern­schrei­ben, in wel­chem wir un­ser völ­li­ges Un­ver­ständ­nis ge­gen­über ih­rer de­mo­kra­ti­schen Ent­halt­sam­keit zum Aus­druck brach­ten.

Dar­über hin­aus woll­ten wir ih­nen – auch auf die harm­lo­se Ge­fahr hin, daß sie uns für grö­ßen­wahn­sin­nig hin­stell­ten – un­miß­ver­ständ­lich klar­ma­chen, mit wel­cher prak­ti­schen Re­ak­tion wir von ih­rer Sei­te ge­rech­net hat­ten und im­mer noch rech­ne­ten; denn wir wa­ren uns dar­über klar, daß die Zeit ei­nes Ta­ges be­wei­sen wür­de, daß sie kraft Ge­setz und Amts­eid zu der von uns ge­wünsch­ten Ko­ope­ra­tion ver­pflich­tet ge­we­sen wä­ren und daß sie sich im Fal­le der Ver­wei­ge­rung – durch Tot­schwei­gen oder durch Ver­hin­de­rung oder gar durch Be­kämp­fung un­se­rer de­mo­kra­ti­schen Be­stre­bun­gen – des Amts­miß­brauchs schul­dig und da­mit straf­bar mach­ten, wie man sol­che Din­ge nach dem Zu­sam­men­bruch von Dik­ta­tu­ren in den dar­auf fol­gen­den De­mo­kra­tien eben ent­larvt und die Schul­di­gen, wel­che sich zur Er­lan­gung ei­ge­ner Vor­tei­le po­li­tisch ver­kauft und am Volks­wohl ver­grif­fen hat­ten, öf­fent­lich zur Re­chen­schaft zieht.









Mit freundlicher Genehmigung des HESSISCHEN LANBOTEN
© 1998-